Melkor will nicht Geschöpf, sondern Schöpfer sein.

Melkor als Imaginationssystem
Melkor will nicht Geschöpf, sondern Schöpfer sein.

Melkor will nicht Geschöpf, sondern selbst Schöpfer sein. Wo liegt das Problem? Und für wen ist das ein Problem? Ich gehe das Thema heute mal von zwei verschiedenen Seiten an. Dem Elessarion selbst und dem, was wir von Luhmann´s Systemtheorie lernen können.

1. Für welches Problem war (ist) der Ausschluss von Melkor aus der Welt eine Lösung?

Ok, die Frage muss / will ich erläutern. Worum geht´s?

Melkor ist in Tolkiens Welt das erste Geschöpf, das der eine Schöpfergott Eru erschaffen hat und als solcher einer der Valar (Götter bei Tolkien).
Was ihn von den anderen Valar, seinen vielen Geschwistern also, unterscheidet ist, dass er kein Geschöpf sein will.

Nein, will er nicht, von Anfang will Melkor kein Geschöpf, sondern selbst, wie Eru, Schöpfer sein. Während seine Geschwister die Welt bauen, wie Eru es erträumte, sucht Melkor überall nach dem schöpferischen Feuer.

Das nehmen ihm die anderen Valar übel, schließlich wird Melkor aus Arda (dieser Welt) verbannt.

Soweit erstmal und ich frage nun, den Spuren von Melkor folgend:

Was ist Melkor? Nicht wer – sondern was?
Worin besteht das Problem, dass Melkor nicht Geschöpf sondern Schöpfer sein will?
Wieso ist das so gefährlich?
Und für wen?
Und natürlich: Warum kann die Lösung, Melkor aus der Welt auszuschließen, nicht funktionieren?

Das Elessarion erzählt seine Geschichte aus acht Perspektiven.

  • Aragorn hat seinen Elessar gekommen und setzt ihn in der letzten Schlacht ein, um sein Heer vor der Übermacht des Feindes zu schützen.
  • Melkor ergreift die Chance und findet im Elessar Zuflucht.
  • Aragorn hält Melkor im Elessar für einen Valar und schwört seinen Königseid auf den Elessar.
  • Valinor löst sich auf.

Damit müssen die acht Helden des Elessarion nun zurecht kommen.

Nichts ist mit Sieg verwalten.
Melkor ist wieder da – und damit, wenn man den Weisen glauben darf, das Ende der Welt.

Sieht aber nicht so aus, denn Melkor ist alles andere als gewalttätig. Aber er stürzt Aragorn und seine Freunde in tiefste Verwirrung.
Aragorn, mehr als alle anderen, will ihn vernichten. Was er nicht kann, da Melkor im Elessar ist und bleibt.

Und : Es stellt sich die Frage, was würde geschehen, wenn es Aragorn gelingen würde, Melkor zu vernichten.

3. Psychische Systeme | Soziale Systeme – konsequent trennen!

Melkor will wissen, was er ist und so lade ich ihn zum Gespräch in den Blog auf elessarion.de ein.

Wir kommen zu Luhmann und seinen autopoietischen Systemen – wobei das ein Vokabular ist, das Melkor nicht versteht.

Also Schritt für Schritt … Autopoietische Systeme erzeugen sich selbst aus Ereignissen, nicht aus Dingen.

Biologische Systeme, neuronale Systeme, Immunsysteme, Hormonsysteme, psychische Systeme und soziale Systeme bestehen aus jeweils ganz typischen Arten von Ereignissen.

Genau dadurch unterscheiden sie sich. Aber egal, um welche Art von Ereignissen es sich handelt, immer ereignet sich etwas. Nur Ereignisse können Systeme bilden. Und sie tun es selbst. Dinge können keine Systeme bilden.

Wie lassen sich psychische und soziale Systeme unterscheiden?

Imaginationssystem: simultan, eint-> inspiriert | Kommunikationssystem: sequentiell, teilt-> diszipliniert
psychische Systeme analogisieren Vorstellungen | soziale Systeme digitalisieren Kommunikationen.

Klar – durch die Ereignisse, aus denen sie bestehen:

  • Soziale Systeme bestehen aus Kommunikationen,
  • psychische Systeme aus Vorstellungen (Gedanken, Gefühle, Gedankenbilder, alles was so von sich selbst mitbekommt).

Und nicht nur das. So ein autopoietisches System besteht ja nicht nur aus (jeweils typischen) Ereignissen, sondern es tut auch etwas mit diesen Ereignissen. Es ordnet sie nämlich nach einer für das System passenden Logik.

Oder etwas konkreter gesagt: Es verkettet, vernetzt, verschmilzt, sortiert, integriert oder isoliert sie. Usw. keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Ich könnte hier auch mathematische Operatoren auflisten, tue ich aber nicht.

Und eben dieses Tun (Operieren wäre der Fachterminus) läuft bei psychischen Systemen nach einer anderen Logik als bei sozialen Systemen.

Soziale Systeme operieren digital mit Kommunikationen

Kommunikationen laufen sequentiell, ein Satz nach dem anderen, nicht drei Sätze zugleich. Geht nicht. Oder schon, aber funktioniert nicht überzeugend.

Die Wahrscheinlichkeit verstanden zu werden, sinkt schon rapide, wenn man, was Luhmann mitunter versucht, zwei Sätze gleichzeitig auszusprechen.

Und jede Kommunikation, mündlich meist ein Satz, schriftlich können das auch viele aufeinander folgende Sätze sein, muss als Mitteilung von etwas verstanden werden. Sonst reagiert niemand und schon gar nicht antwortet jemand.

Der Entscheidungspunkt aber ist noch ein anderer. Er liegt zwischen den einzelnen Kommunikationen. Zustimmung, ja, geht so durch, ist prima, sehe ich auch so oder Ablehnung: Stop, nein, Widerspruch, Skepsis.

Es sind ja immer mehrere, mindest zwei, psychische Systeme (als Umwelt) an einer Kommunikation beteiligt.

Und wenn es um was geht und alle Beteiligten informiert sind, ist die Wahrscheinlichkeit gering, dass alle mit „Ja prima, machen wir so.“ reagieren.

Psychische Systeme operieren analog mit Vorstellungen

Vorstellungen werden anders erzeugt, nämlich simultan: Wie geht es mir gerade? Worum geht es? Woran erinnert mich das? Farben, Licht, Gefühle, Erinnerungen, Gespräche, Geräusche. Wie wirkt mein Gegenüber auf mich? Was ist mit ihm – vielleicht – los?

Wie komm ich grad klar? Was stört mich vielleicht? Habe ich überhaupt noch Lust, weiter zu machen? Vielleicht langsamer laufen? Vielleicht schneller durchklicken?

Das alles kann zur gleichen Zeit mehr oder weniger die Aufmerksamkeit eines psychischen Systems in Anspruch nehmen. Simultan, gleichzeitig also. Alles, so könnte man sagen, was eine Psyche braucht, um sich von Moment zu Moment orientieren zu können, ihre Autopoiesis fortzusetzen. Dieser Moment kann länger – man hängt einer Idee nach – oder kürzer – im Straßenverkehr – dauern.

Dieses simultane Vergegenwärtigen einer Situation, das zudem unablässig weiter läuft, ist sozusagen der Job von psychischen Systemen.

Und da dies jedes psychische System für sich tut, verbindet es seine Vorstellungen typischerweise durch laufende vergleichende Selbstkorrektur. Was ist gleich geblieben, was verändert sich.

Typischerweise also orientiert es sich durch Vergleichen und orientiert sich Ähnlichkeiten, um von einer Situation auf die darauf folgende schließen zu können. Es darf sich sozusagen nicht zu viel auf einmal ändern.

4. Wo also liegt das Problem?

Wenn psychische und soziale Systeme sich so deutlich unterscheiden lassen, sowohl in ihrem Elementen als auch darin, wie sie ihre Elemente verbinden – wo liegt dann überhaupt das Problem?

Geben tut es natürlich kein Problem. Aber wenn ein Beobachter (egal ob psychisches oder soziales System) in eher einfachen selbstgemachten „Welten“ operiert, könnte er sich ein Problem an den Hals holen. Nämlich dann, wenn er – warum auch immer – versucht, den  jeweils anderen zu kontrollieren.

Und das tun psychische Systeme dann natürlich anders als soziale Systeme:

Psychische Systeme können ein soziales System mit ihren Gefühlslagen und Impulsen überschwemmen und damit weitgehend blockieren. Wobei ein Störenfried oft gar nicht auf Konflikt oder was immer sich aus seinen Interventionen entwickeln mag, aus ist.

Er versucht vielleicht nur, 1:1, seine simultan miteinander verwobenen Gedankenbilder in Sprachform zu bringen. Was nur in Ausnahmefällen, aber auch die müssten sorgfältig inszeniert sein, erfolgreich sein wird.

Soziale Systeme können psychische Systeme zur Not mit Gewalt in Schach halten, indem sie Regeln durchsetzen, an die sich (alle) psychischen Systeme zu halten haben.

Die Frage ist dann aber, unter welchen Voraussetzungen die durchgesetzten Regeln die existentielle Situation der beteiligten Psychen überhaupt berücksichtigen können. Gerade dann, wenn sie es „gut meinen“.

Allenfalls wären familiäre, therapeutische und religiöse Systeme in der Lage. Was noch lange nicht sagt, dass sie es tun.

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